Deutscher Gewerkschaftsbund

30.01.2023

Interview mit Hubert Bonk und Egon Schmitt

Ein gelungenes Projekt

Foto

Egon Schmitt und Hubert Bonk (von links) im Betriebsratsbüro Privat

Hubert, vielleicht sagst du zuerst etwas zu deiner Person.

Ich bin Hubert Bonk, habe hier in der Firma, heute Trivium Packaging, Industriemechaniker gelernt, danach habe ich über 25 Jahre bei uns in der Produktion gearbeitet. Seit 2010 bin ich Betriebsratsmitglied, seit 2016 Vorsitzender und seit 2017 freigestellt. Ich bin auch im europäischen Betriebsrat unseres Konzerns sowie im Aufsichtsrat.

Darüber hinaus bin ich als Arbeitsrichter berufen, im Ortsvorstand der IG Metall Koblenz aktiv und für die IG Metall im DGB Kreisverband Mayen-Koblenz aktiv.

 

Egon, nun vielleicht einiges zu deiner Person.

Ich bin Egon Schmitt, Rentner, nachdem ich mehr als 40 Jahre für eine gesetzliche Krankenkasse gearbeitet habe. Seit fast 30 Jahren bin ich ehrenamtlich als Versichertenältester der Deutschen Rentenversicherung tätig, zunächst für die DRV Bund, die letzten zehn Jahre für die DRV Rheinland-Pfalz. Ich bin Versichertenberater für den Kreis Mayen-Koblenz und biete Beratungen zusätzlich auch für den VdK an.

Ich bin verdi Mitglied und habe dort auch in verschiedenen Gremien mitgearbeitet, bzw. war ich z.B. über verdi auch Prüfer bei der IHK. Ich habe für verdi ebenso im DGB Kreisverband Mayen-Koblenz mitgearbeitet und dabei sind Hubert und ich uns begegnet.

 

Ja, und aus der Zusammenarbeit in diesem Gremium ist etwas ganz Besonderes entstanden.

Hubert:

Mein Anliegen als Betriebsrat ist immer, nahe bei den Kolleg*innen zu sein und immer wieder auch Einzelberatungen anzubieten, damit sie informiert sind und im besten Fall auch konkrete Hilfe erhalten.

Als es bei uns im Werk um Personaleinsparungen ging, war uns als Betriebsrat wichtig, dass wir zuerst die älteren Mitarbeiter*innen fragen, ob sie sich vorstellen können, mit entsprechenden Abfindungen früher in Rente zu gehen.

Damit sie aber eine solche Entscheidung treffen können, brauchen sie aus meiner Sicht Informationen. Sie müssen wissen, was es für ihre Rente bedeutet, wenn sie früher ausscheiden. Und da fiel mir Egon ein.

Ich habe also mit der Werkleitung und der Personalleitung geklärt, dass ich einen Versichertenberater kenne, der zu uns in den Betrieb kommen könnte, um hier direkt vor Ort, die Renten zu berechnen, damit die Kolleg*innen ihre Entscheidungen aufgrund sicherer Informationen treffen können.

Die Werkleitung sowie die Personalleitung stimmten zu und damit kam Egon zu uns in den Betrieb.

Egon:

Ja, so hat unsere Zusammenarbeit angefangen. Ich habe einen Raum zur Verfügung gestellt bekommen sowie einen Laptop und dann kamen die ersten Beschäftigten zur Einzelberatung. Diese findet in vertraulicher Atmosphäre im Zweiergespräch statt.

 

Nach dieser konkreten Situation habt ihr die Zusammenarbeit weitergeführt. Was hat euch dazu bewogen?

Hubert

Privat

Hubert:

Die positive Resonanz der Kolleg*innen. Viele haben die Gelegenheit genutzt, ihr Rentenkonto klären zu lassen.

Egon:

An manchen Tagen habe ich alle halbe Stunde eine Kollegin, einen Kollegen vor mir sitzen gehabt. Die Termine waren und sind immer schnell ausgebucht. Es gab auch Situationen, in denen mich die Personalleitung anrief und mich bat, noch mehr Termine anzubieten.

Hubert:

Unser Ziel ist es, dass alle ihre Rentenkonten geklärt haben. Für viele unserer Kolleg*innen ist das wichtig, denn sie haben z.B. viele Jahre im Ausland gearbeitet, in Polen, Russland, wenn sie Aussiedler oder Übersiedler sind, oder auch in der Türkei und anderen Ländern. Viele wissen nicht, ob ihre Jahre im Ausland anerkannt werden oder nicht.

Egon:

Manche der Kolleg*innen begleite ich auch über einen längeren Zeitraum. Zum Beispiel: ein Kollege ist lange krank, erhält Krankengeld, die Krankenkasse fordert ihn auf, einen Reha-Antrag zu stellen. Mit der Einwilligung in die Reha unterschreibt der Kollege auch, dass eine Umdeutung in einen Erwerbsminderungsrentenantrag erfolgen kann. Das hat Folgen. Dann kann gut sein, dass ich den Kollegen informiere, welche Schritte ihm dann offenstehen und was welcher Schritt für seine Altersvorsorge bedeutet.

Hubert:

Ja, und dann kann passieren, dass du genau wie ich nochmal schnell zu dem Kollegen fährst, ihm Unterlagen bringst, ihm hilfst, einen Antrag auszufüllen, oder ihn dabei unterstützt, das nächste Gespräch vorzubereiten.

Egon

DGB

Egon:

Und die Menschen sind dankbar für diese konkrete Hilfen. In meinen langen Jahren als Berater habe ich für viele Menschen schon im wahrsten Sinne des Wortes Renten gemacht, die sie ohne diese Unterstützung nicht bekommen hätten. Auch hier ein Beispiel: Ausbildungsjahre müssen im Rentenverlauf als solche gekennzeichnet werden, damit sie in der Rentenberechnung höher bewertet werden können.

Im Endeffekt kommt dabei mehr Rente für den Versicherten raus.

 

Mit welchen Themen kommen die Menschen noch zur Beratung?

Hubert:

Ein weiteres wichtiges Thema ist natürlich die Altersteilzeit. Auch diese hat Auswirkungen auf die Rentenhöhe. Und auch da berät Egon.

Egon:

Und was ich deutlich sagen kann, überall da, wo es Betriebsräte gibt, ist es wirklich möglich, dass die Leute besser betreut werden, mehr Informationen erhalten und auch mehr Lösungswege für Einzelne gesucht werden. Das gilt auch hier.

Hubert:

Wir haben die Unterstützung der Werkleitung und der Personalleitung. Die Kolleg*innen werden für die Beratung freigestellt, d.h. sie machen sie in ihrer Arbeitszeit, müssen sich nicht ausstempeln. Wir können die Beratungen hier auf dem Firmengelände durchführen, das sind für die Kolleg*innen kurze Wege. Oft werde ich angesprochen: „Hubert, wann kommt denn der Versichertenberater wieder? Ich brauche einen Termin.“

Egon:

Wir machen das jetzt seit sechs Jahren und manchmal komme ich mir schon so vor, wenn ich übers Betriebsgelände laufe, um ins Betriebsratsbüro zu kommen, als würde ich dazugehören. Ich mache diese Beratungen wirklich gerne und ich will das jede und jeder das bekommt, was ihm zusteht. Dabei helfen mir meine Erfahrungen aus der Arbeit in der Krankenkasse sehr ebenso wie die jahrzehntelange Beratungstätigkeit für die Rentenversicherung.

 

HUbert Streik

Hubert Bonk beim Streik der IG Metall in der Tarifrunde 2021 während der Pandemie im Werk Trivium Packaging Weißenthurm, privat

Könnt ihr noch etwas zu eurem Anliegen oder eurer Motivation sagen?

Hubert:

Ich bin Betriebsrat und das heißt für mich, dass ich gerne Hilfe anbiete, allen die allein nicht zurechtkommen oder mich um Hilfe bitten. Und deutsche Formulare sind manchmal wirklich zum Verzweifeln. Ich möchte, wie ich eben schon sagte, dass alle über ein so wichtiges Thema wie Altersvorsorge gut informiert sind. Und bei Egon weiß ich, dass er ihnen sichere Informationen gibt und mit viel Einsatz dabei ist.

Egon:

Mir macht das Ganze Freude. Es ist eine konkrete Hilfe und Unterstützung. Ich habe mir in den letzten Jahren einen Namen gemacht als Versichertenberater im Landkreis, werde mehr und mehr angesprochen und kenne von vielen Hunderten Menschen ihre finanzielle Situation. Für mich ist das konkretes politisches Handeln vor Ort, das Sinn macht. Mir reicht es nicht, den Antrag bei der Rentenversicherung auszufüllen und zu stellen. Ich schaue mir oft die ganze Situation der Menschen an.

 

Nennt doch mal ein Beispiel, auf das ihr stolz seid.

Hubert:

Wir hatten einen Kollegen, der war schwerkrank, die Krankenkasse hat ihm das Krankengeld verweigert. Da haben wir den DGB-Rechtsschutz mit einbezogen und haben dann gemeinsam eine Lösung gefunden, die verhindert hat, dass der Kollege Hartz IV beziehen musste. Er konnte abschlagsfrei in Rente gehen. Da haben viele zusammen an einem Strang gezogen, um einem kranken Menschen Zukunftssorgen zu nehmen. Das war richtig gut.

Egon:

Was sich auch abzeichnet, ist folgendes: weil wir einem Kollegen, einer Kollegin hier im Betrieb helfen konnten bzgl. seiner Fragen zur Rente, werde ich dann auch außerhalb des Betriebes angerufen für den Onkel, den Nachbarn oder die Freundin. Es zieht Kreise und das ist etwas, was mich freut, weil es zeigt, dass wir gute Arbeit machen.

 

Welches Fazit zieht ihr?

Hubert:

Das war eine richtig gute Idee und ich bin Egon dankbar, dass er uns im Betriebsrat so unterstützt. Ich freue mich nach wie vor darüber, dass ich Egon durch die Zusammenarbeit im Vorstand vom DGB-Kreisverband kennengelernt habe.

Mit seiner Hilfe können wir als Betriebsrat hier wirklich etwas für die Kolleg*innen bewirken. Und ich kann andere Betriebsräte nur zur Nachahmung ermutigen. Wichtig ist, dass sie einen Versichertenberater oder -beraterin finden mit verlässlicher Expertise, Freude an der Beratungsarbeit und Fähigkeit zur Verschwiegenheit.

Egon:

Danke, Hubert, und ich danke dir für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Und das gilt auch für die Werkleitung und die Personalleitung, die das auf ihrem Gelände ermöglicht. Oft bringen Kolleg*innen auch ihre Partner*innen mit oder Kinder, die zum Beispiel für sie übersetzen, und es ist kein Problem, dass sie als Gast auf das Firmengelände kommen können.

 

Gibt es sonst noch etwas zu sagen?

Hubert:

Oft gibt es ja Berührungsängste mit offiziellen Stellen, diese können wir durch ein solches Modell kleiner machen. Die Kolleg*innen sind an vertrauten Orten, wenn sie die Beratung bekommen, die Hürde ist dadurch geringer, sich für einen Termin anzumelden.

Egon:

Ja, es macht doch Sinn, den eigenen Anspruch zu kennen und gegebenenfalls beeinflussen zu können. Die Rentenversicherung will durch Menschen wie mich die Informationen für ihre Versicherten leicht zugänglich machen und ich kann nur daran appellieren, diese Möglichkeit auch zu nutzen. 

 

Danke für das Gespräch mit euch.

 

Das Gespräch führte Edith Sauerbier, Gewerkschaftssekretärin DGB Koblenz.

 


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